Die Kutschbockdecke des großen Galawagens

Der große Galawagen des Bürgermeisters steht zum Abtransport bereit. Ins neue Museum wird er im April allerdings nicht ganz vollständig eingebracht, denn ein nicht unwichtiger Teil bleibt noch in der Restaurierung: Die Kutschbockdecke. Sie hat auf Britta Schwenck gewartet. Sie ist seit August letzten Jahres die neue Textilrestauratorin des Wien Museums, betreut damit auch die renommierte Modesammlung und überhaupt alles an Textilem in der Sammlung.

Neben ihrer langjährigen Selbstständigkeit arbeitete sie an der Universität für angewandte Kunst als Textilrestauratorin, Leiterin der Kostüm- und Modesammlung, sowie als Universitätsassistentin und –lektorin. So bringt sie zu ihrer umfangreichen beruflichen Erfahrung auch ein spannendes Netzwerk aus der Fachwelt der Textilrestaurierung mit. Beides kommt ihr in solch heiklen Fällen wie der stark verschlissenen Kutschbockdecke des großen Galawagens zugute.

War ursprünglich gedacht, die von Motten völlig zerfressenen Gewebe der Decke mit neuem Gewebe abzudecken, wurde das Restaurierungskonzept nun geändert. „Es wurde entschieden zu zeigen, dass es den massiven Mottenbefall gegeben hat. Zwar werden wir die Löcher in den Hintergrund treten lassen, wer sich aber intensiver mit dem Objekt auseinandersetzen möchte, kann sie entdecken“, erzählt Britta Schwenck.

Nach einer Behandlung in der Stickstoffkammer sind alle Motten samt Larven, Hüllen und Exkrementen entsorgt, alles wurde gereinigt. Um die Vergangenheit zu erhalten, wird nun eine klassische nähtechnische Sicherung angewendet. Das heißt, die Stellen werden mit einem ähnlichen Wollgewebe, das passend eingefärbt sein wird, unterlegt. Zum Schutz kommt darüber noch ein transparentes Seidengewebe.

Am Kutschbock kann man gut erkennen, was Motten gerne fressen: Wolle. Keine Zellulosefaser, also keine Baumwolle (außer, sie müssen durch sie zur Wolle hindurch) und weniger gern Seide. Zum Fressen verstecken sie sich in dunklen und ungestörten Bereichen, so waren die Stellen unter den Posamentrie-Elementen, den Zierquasten und Fransenborten, die vielfach abgefallen und verschollen sind, besonders befallen. Verloren gegangen oder vielleicht sogar mutwillig entfernt wurde das zweite kaiserliche Wappen aus Metallfäden, wie man an der Leerstelle sieht.

Mehrere hundert Arbeitsstunden sind für diese Art der Restaurierung veranschlagt. So wird die Decke wohl erst im Herbst eingebracht und aufgelegt. Dazu wird die Kutsche nochmals von ihrem Hängeplatz unter der Decke der Halle herabgelassen. Auf der Treppe in der Halle müsste man die Kutsche samt Decke gut sehen können, auch das verbliebene Wappen.

Und was ist mit den Motten, droht ein neuer Befall im Museum? „Das muss man gut beobachten“, sagt die Restauratorin, „auch wenn die Kutsche in der Luft hängt. Motten können ja bekanntlich fliegen. Die Zeiten, dass man die Stoffe vorsorglich mit Insektiziden behandelt hat, haben wir hinter uns gelassen.“